Aufnahme
Neue Aufnahme Hornquintett op. 106 Anton Reicha
Erscheinungsjahr | 2025 |
Anton Reicha (1770 – 1836)
Grand Quintet für Horn und Streichquartett in E, op.106
Ensemble il capriccio – auf Originalklang – Instrumenten
Friedemann Wezel und Dietlind Mayer – Violine
Florian Schulte – Viola
Dmitri Dichtiar – Violoncello
Christian Binde – Naturhorn
1 Allegro ma non troppo
2 Air. Lento
3 Menuetto. Allegro poco vivo
4 Finale. Allegro assai
Das Ensemble il capriccio veröffentlich mit der Aufnahme des Grand Quintet op. 106 von Anton Reicha die erste Einspielung auf Originalklang-Instrumenten.
Ab sofort auf allen gängigen Streaming-Portalen:
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YouTube-Teaser
https://www.youtube.com/watch?v=bkZPKTEN7Ug
Der Wunderlehrer: Anton Reicha
Ohne Lehrer kein Wunderkind, könnte man wohl mit Fug und Recht behaupten. Denn welches Wunderkind gäbe es, hinter dem nicht ein erfahrener, meist strenger und zielstrebiger, zuweilen despotischer Lehrer stünde? Hätte es ohne Leopold einen Wolfgang Amadeus Mozart, ohne Joseph einen Michael Jackson gegeben? Selbst die noch so klar erkannte Hochbegabung wird ohne zielgerichtete Förderung und Forderung wahrscheinlich ihr Talent nicht zur vollen Entfaltung bringen und keine Karriere machen. Manch einem Wunderkind wäre ein vergiftetes Leben möglicherweise erspart geblieben. Manch großes Genie bliebe jedoch der Welt dann möglicherweise auch vorenthalten. Wunderkind – ein ambivalentes Gütesiegel.
Von Anton Reicha ist nicht bekannt, dass er seine Schüler geknechtet hätte. Und es zählen viele bedeutende Komponisten zu seinen Schützlingen: Franz Liszt, Hector Berlioz, Charles Gounod, César Franck, Friedrich Flotow und eben Juan Crisóstomo de Arriaga. Der gebürtige Böhme Anton Reicha, der 1770 – im gleichen Jahr wie Beethoven – das Licht der Welt erblickte, erlernte selbst das Kompositionshandwerk in Wien bei Johann Georg Albrechtsberger und Antonio Salieri, nachdem der Onkel Joseph Reicha ihm zuvor in Geige, Flöte, Klavier und Tonsatz unterrichtet hatte. Ob der kleine Anton auch ein Wunderkind war? Es ist nicht überliefert. Talent und Fleiß dürfte er dennoch gezeigt haben, denn 1785 nahm der Onkel den erst 15-jährigen Neffen mit nach Bonn in die Anstellung als 2. Flötist der Kurfürstlichen Hofkapelle. Dort schloss Anton Freundschaft mit einem gleichaltrigen Bratschisten namens Ludwig van Beethoven. Von Bonn über Hamburg und Wien zog es Reicha 1808 nach Paris, wo er sich schließlich als herausragender Musikpädagoge etablierte. Ein Lehrer, der es verstanden hat, die Talente und künstlerischen Persönlichkeiten so zu fördern, dass sie die Chance bekamen, sich unabhängig von ihm in ihren ganz individuellen Bahnen zu entwickeln. Das darf man etwa dem Grand Quintet für Horn und Streichquartett E-Dur op. 106 ablauschen: Reicha veröffentlicht es zwei Jahre, nachdem sein Schüler Arriaga sein originelles drittes Streichquartett vorgelegt hat. Der Lehrer selbst sucht in seinem Werk weniger den Schulterschluss zur Avantgarde seiner Zeit als zu deren Vorvätern: ein Quintett, das in seiner galanten Art ganz unverhohlen an die Wiener Klassik anschließt und dennoch in seinen virtuosen Figuren vor allem des Finalsatzes die Vorliebe Arriagas für Rossini’sche Tonkunststücke offenkundig teilt. Wer wen inspirierte, lässt sich in diesem Fall nicht mehr nachvollziehen. Und trotzdem steht fest: Nicht immer sind es nur die Lehrer, die den Schülern etwas beibringen.
(Auszug aus dem Programmtext „Die Wunderkinder und das Horn“ von Ilona Schneider)